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Astrofotografie: die Herausforderungen
Licht - Bewegung - Schärfe - Wetter...und nochmal Licht

Zu behaupten, Astrofotografie wäre nicht schwerer als "konventionelle" Fotografie, wäre schlicht falsch. Hier ist nahezu alles anders! Regeln und Erfahrungen, die bei Tante Gunda beim 75. Geburtstag gelten, sind in der Astro-Welt wertlos. Ich möchte die größten Herausforderungen schildern:

Licht:
Naturgemäß findet der größte Teil der Astrofotografie Nachts statt (Auf reine Himmels-, Mond- oder Sonnenfotografie gehe ich an dieser Stelle nicht ein. Das sind wieder ganz andere Sparten). Nachts muss der Fotograf ohne Sonnenlicht auskommen. Das Licht der Sterne selbst muss ausreichen. Der Einsatz von Blitzgeräten hilft auch nichts (..es ist schon drollig, wie manchmal Vollmond oder Feuerwerk im Full-Auto-Modus der Kompaktkameras mit Blitz befeuert werden...).

Das Sternenlicht muss genügen! "Aber der Vollmond...der is doch auch hell! Mach doch deine Fotos bei Vollmond, hmm?" - Nein. Netter Ansatz, aber das läuft nicht. Tatsächlich ist der Mond so hell, dass er die meisten Sterne völlig überstrahlt. So ironisch es auch klingt: das ideale Licht für Astrofotos liegt in absolut stockdunklen, mondlosen Nächten vor, in denen die Sterne völlig für sich allein strahlen dürfen.
Das vorhandene Licht muss dann eben so lange und gut wie möglich eingefangen werden - die Belichtungszeit und die (Sensor)Empfindlichkeit sind die Schlüssel. Es muss lange genug belichtet werden, um eine möglichst große Menge Licht zu erhaschen. Die Empfindlichkeit muss so hoch gewählt werden, dass auch für das Auge unsichtbare Himmelselemente erkennbar sind - aber nicht so hoch, dass das ISO-Rauschen so grob wird, dass Körnung und Sterne die selbe Größe erreichen :-)


Bewegung:
"Im Osten geht die Sonne auf...." - jawoll, die Erde dreht sich! "Na und? Freilich dreht die sich! Was hat das mit deinen Fotos zu tun?". Die Erde dreht sich - auch während wir nachts Fotos schiessen! Ab einer gewissen Belichtungszeit-Brennweiten-Kombination sieht man das auf den Fotos! Wirklich! Stellen sie sich den Lichtstrahl vor, der von einem bestimmten Punkt des Himmels auf die Erde zeigt. Vielleicht stellen Sie sich diesen Lichtstrahl besser als riesengroßen Stift vor, der vom Stern auf ein Papier zeigt. Für die Zeit der Belichtung malt der Lichtstrahl nun auf das Papier - den Sensor der Kamera. Ist diese Zeit beliebig kurz, so malt der Lichtstrahlstift einen Punkt. Das ist unser Ziel. Einen punktförmigen Stern punktförmig abbilden. Jetzt verlängern wir die Zeit und lassen die Erde sich unter dem Stift drehen. Was wird geschehen: der Stift malt einen Strich! Die punktförmigen Sterne werden zu unscharfen Strichen. 

Je nach Brennweite treten diese "Strichspuren" schon bei 1/3s auf! Wie können wir unter solchen Bedingungen trotzdem möglichst lange und möglichst viel Licht einsammeln?? Das klappt entweder durch die Addition von Licht: es werden einfach mehrere, kurze Fotos des selben Himmelskörpers geschossen und dann am PC "addiert". Dieses "Stacking" (zu deutsch "Stapeln") ist wirklich ein Stapeln, als ob man z.b. mehrere Dias deckungsgleich übereinanderlegt. Die Sternbereiche, die ohnehin weiss sind, bleiben weiss. Das Schwarz wird durch das übereinanderlegen von mehreren schwarzen Bereichen schwärzer. Bereiche, die für das menschliche Auge vielleicht schwarz scheinen, aber vielleicht doch eine verschwindend geringe Menge Licht beinhalten, werden dann "nicht ganz so schwarz", so dass bei möglichst großem Stack immer mehr Details erkennbar sind. Das erledigt eine Software am PC...

Eine weitere Methode: Wir verhindern diese Strichspuren, indem wir das Blatt, auf das der Sternenstift kritzelt, in der selben Geschwindigkeit entgegen der scheinbaren Himmelsrotation bewegen. Der Stift bleibt mit seiner Spitze dann auf dem Papier (also: Lichtstrahl auf dem Sensor) immer am selben Fleck. Wir erhalten wieder ein punktförmiges Gemälde, jedoch deutlicher, satter, kontrastreicher, da der Lichtstrahl länger auf den selben Fleck malen kann. Diese Aufgabe übernehmen sog. astronomische Nachführungen bzw. Astro-Montagen. Ich kombinere beide Methoden. Mehr dazu später.


Schärfe: 
Die Fokussierung nachts mit dem Autofokus klappt schon mal garnicht - zumindest nicht optimal. Für Astro-Fotos fokussiere ich immer manuell. Doch gerade mit kleineren DSLRs oder geringwertigeren Objektiven ist das nicht so leicht getan wie gesagt! Mit meiner ersten DSLR (damals eine EOS 300D) war im Sucher vom Nachthimmel oft gar kein Stern zu erkennen, auf den fokussiert werden konnte. Und wenn doch, dann war das fokussieren im Sucher so fummelig, dass das Scharfstellen immer nur ein Welchsel von einer unscharfen Aufnahme zu nächsten war... Wie ich mit dieser Herausforderung umgehe: Später, in der konkreten Beschreibung des Shootings....

 

Wetter & Störlicht:
Eine nicht zu vernachlässigende Herausforderung: Das Wetter und der Standort. Das Wetter lässt sich leider nur schwer beeinflussen. Da kann man nur beobachten und prognostizieren, wie sich eine Wolkendecke über die nächsten Stunden entwickeln wird. Hier empfehle ich ausdrücklich den Besuch folgender Internetseiten:

Wolkenradar (zur groben Einschätzung, ob sich ein Astro-Projekt heute überhaupt lohn) auf www.sat24.com

Astrnomy Seeing - also der Gesamteinfluss auf die Klarheit der Luft: https://www.meteoblue.com/ - und dann in der Sparte "Air" den unterpunkt "Astronomy Seeing"

Direkt mit dem Seeing zusammenhängend sehe ich den zweiten "Licht"-Aspekt, und zwar das Störlicht! Inmitten Europas sind wir sehr dicht bevölkert, und jede Lampe, die wir auf der Erde einschalten, strahlt ihr Licht nach oben in den Nachthimmel. "Lichtverschmutzung" mag man das auch nennen. In der Innenstadt wird in der Regel so viel Licht in den Himmel emittiert, dass wir den Großteil des Sternenhimmels garnicht erkennen. Daher drei weise Worte eines befreundeten Astrofotografen: "Location! Location! Location!" - Wenn möglich: raus aus der Stadt, dahin, wo Fuchs und Hase nicht zum Gute-Nacht-Sagen vor die Höhle gehen, weil sie Angst im Dunkeln haben!! Auf http://www.avex-asso.org finden sich mehrere (riesengroße!) Karten, die die Lichtverschmutzung anzeigen. Suchen Sie sich hier einen möglichst dunklen Spot der Karte aus...oder erfahren Sie im letzten Kapitel, wie ich vom heimischen Balkon in der Innenstadt fotografiere ;-)