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So läuft ein Shooting ab

Mit der EOS 6D und 7DMkII am Start nutzte ich den größtenteils kalt-klaren Nachthimmel von 20.02.2015 für den Test: was kann eine Kamera, die von der ganzen Bauart her für "Action" ausgelegt ist, in der Astrofotografie leisten.

Kann eine Canon EOS 7D Mark II überhaupt astronomisch eingesetzt werden?

Ja. Sie kann.

Klarer Himmel bei 3° C. Wolkenlos. Trocken.
Ideale Bedingungen. Gesundheitlichen Einschränkungen geschuldet bleiben mir nächtliche Ausflüge ins freie Feld mittlerweile unglücklicherweise verwehrt - ich muss meine Stellung auf dem heimischen Balkon in der Innenstadt beziehen. Sicht von SüdOst bis SüdWest - aber leider Innenstadt. Viel Kunstlicht. Leider.

Die Wunderwaffe für solche Zwecke: ein "CLS"-Filter von "Astronomik". Der CLS-Filter (http://www.astronomik.com/de/visual-filters/cls-filter.html) reduziert das Kunstlicht und verstärkt die astronomischen Kontraste. Ich besitze die Version als Clip-In-Filter für die EOS-Kamera. Der Filter wird hinter dem Objektiv ins Gehäuse geklemmt und sitzt dort straff und sicher. Vorteil: Insbesondere bei Langzeitbelichtungen wird Staub vom Senor ferngehalten. Und: Ich muss nicht für jedes Objektiv einen seperaten Filter beschaffen! Bis auf die tiefer gebauten EF-S kann das Objektiv vor dem Filter beliebig gewechselt werden.

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Die Astro-Montage war auf dem Balkon schnell aufgebaut und ausgerichtet - "Ich hab das schon mal vorbereitet...."

Eine Astro-Nachführung auf einem Südwärts gerichteten Balkon gegen den Polarstern auszurichten...ist sportlich. Nein. Ist rein "auf Sicht" unmöglich! Eine Ausrichtung mit GPS und Kompass ist in diesen Einsatzzwecken auch nicht möglich - hier muss anders vorgegangen werden (google: "Scheiner-Methode"). Das "Einscheinern" einer Montierung ist jedoch nichts, was man mal eben nebenbei machen kann. Das braucht schon Stunden. Ich habe meine Montage also mittlerweile zu einer nahezu-Stationären-Montage umgebaut. Markierungen am Boden zeigen den genauen Standort des Unterbaus, Markierungen an den Stativfüßen und allen anderen beweglichen Teilen helfen beim schnellen Aufbau. Die Montage kann in weniger als 10 Minuten betriebsbereit gestellt werden... (Anmerkung speziell zum 20.02: "...wenn die Batterien ausreichend Saft haben...und nicht die Ersatzbatterien iiiirgendwie in ner Taschenlampe gelandet wärenn" --> LIDL sei Dank: irgendwann war die Montage dann wirklich einsatzbereit)

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In der aktuellen Ausbaustufe fungiert eine zweite Kamera als Gegenwicht für die Hauptkamera. 6D und 7D MkII können also gleichzeitig parallel betrieben und nachgeführt werden.

Konkret wurde die EOS 7DMkII mit dem Canon EF 200mm 2.8L USM II bestückt - gesteuert von einem programmierbaren Kabel-Fernauslöser. (hier auf den Fotos steckt gerade das 90er an der 7D)

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Im Bulb-Mode wird die Kamera im Intervall von 1 s mit jeweils 30 sekunden Belichtungszeit gestartet - das ganze für eine vordefinierte Anzahl von Bildern.

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Die ersten RAWs wurden mit ISO 800 geschossen, dann mit ISO 1600 und abschließend nochmals ca. 150 RAWs mit ISO 3200. Wohlgemerkt: immer vom selben Motiv!
Zwischendurch musste einmal der Kamera-Akku getauscht werden - was leider eine Neueinstellung der Fokussierung mit sich brachte....und Ausschuss produziert hat, weil ich (warum auch immer) für das erneute Scharfstellen 15 Testaufnahmen gebraucht hatte.

Stichwort Fokussierung:
Sowohl 6D als auch 7D sind im Okular hell genug, um die größeren Sterne scharfstellen zu können - aber mein Vorgehen ist dennoch ein anderes:
Live-View! Für Astro-Fotos bin ich mit der Kamera permanent im Live-View. Das Scharfstellen geht so wesentlich präziser: einfach den Live-View in die maximale Vergrößerung stellen und dort auf einen beliebigen sichtbaren Stern im Zentrum scharfstellen. Während der eigentlichen Aufnahmen verbleibt die Kamera ebenfalls im Live-View. Somit ist sichergestellt, dass der Spiegel zum Start der Aufnahme bereits hochgeklappt ist. Die Erschütterung durch den Spiegelschlag wird vermieden.

 

Nach den Aufnahmen der sog. "Light-Frames", also der Bilder mit tatsächlichem Lichteinfall, schiesse ich noch eine Reihe von sog. "Dark-Frames". Hier wird nur das elektronische Grundrauschen des Sensors erfasst - das Objektiv wird abgedeckt. Diese Darkframes helfen letztendlich der Software bei der Auswertung, welche "Störpixel" aus dem Bild gelöscht werden können, weil diese Pixel keinerlei Lichtinformation aus der Motiv sind, sondern elektronisches Störfeuer, das direkt aus dem Sensor entspringt. Streng nach der Logik (so geht auch die Kamerainterne Langzeitrauschreduzierung vor) müsste das Dark-Frame eigentlich jeweils direkt nach dem Lightframe geschossen werden. Damit würde das beste Ergebnis in der Entrauschung erzielt werden...


Während der Aufnahmen kontrolliere ich alle ca 15 Minuten ein Bild direkt an der Kamera - stimmt die Nachführung noch? Haben sich die Lichtverhältnisse geändert? Beschlag am Material kann in kalten Nächten auch ein Thema sein... - Aber im Großen und Ganzen läuft das "Knipsen" nahezu selbstständig ab.

 

Im Anschluss der Arbeit auf dem Balkon importiere ich die Bilder auf den Mac - und gebe die RAWs dort direct in die Stacking-Software (Ich nutze DeepSkyStacker - kurz DSS - http://deepskystacker.free.fr/german/index.html), wo die Lighframes addiert und die Darkframes zur Entrauschung subtrahiert werden. Dabei werden schon gut und gerne mal 300 RAWs mit je 30MB verarbeitet (pro Motiv!). Das kann schon mal ein paar "Minuten" dauern und einiges an GB an Platz brauchen. DSS analysiert die Bilder, wertet anhand der Anzahl erkannter Sterne auf den RAWs die Qualität der Nachführung aus, und zieht dann einen voreingestellten Prozentsatz der besten Aufnahmen für das Stacking heran. Irgendwann ist dann das finale Bild bereit - wird als TIF gesichert, und bei mir nochmals in Adobe Lightroom importiert. Dort erfolgt der finale Zuschnitt und verschiedene Anpassungen (...die so individuell sind, dass ich hier kein Kochrezept darstellen mag...).

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... und irgendwann...wenn ich einigermaßen zufrieden bin, entspringt aus 4 Stunden Arbeit ein einziges Foto. Ein Foto, das man sicherlich in weniger als 10 Minuten in Photoshop & Co. aus einer leeren Fläche mit diversen Füllinstrumenten, Pinseln, Schablonen erstellen könnte - aber eben ein Bild, das noch mit einigermaßen Handwerk, Geduld und Muße erschaffen wurde. Ein Abbild einer unvorstellbaren Realität. Einer Realität, die eigentlich keine ist: Die meisten der Sterne, die solche Bilder zeigen, existieren nicht mehr. Ihr Licht ist so lange unterwegs, dass es als das Vermächtnis längst vergangener Zeiten auf unserer Erde ankommt. Da ist's mir doch den Aufwand wert, den so ein Foto verlangt... Ich hab Spaß dran!